Die Burgundionen
und Worms

Fakten und Legenden
zum 5. Jh n. Chr.
am nördlichen Oberrhein

ein Vortrag von Dr. Patrick Jung M.A.,
LVR-Archäologischer Park Xanten
Notiz zum Vortrag von Dr. Ellen Bender

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Buchcover (Ausschnitt))..


Der viel beachtete Vortrag bot einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum vorhandenen Quellenmaterial.
Patrick Jung hat die wesentlichen schriftlichen Quellen und Auslegungen für eine Burgunderanwesenheit in den ersten Jahrzehnten des 5. Jahrhunderts am nördlichen Oberrhein aufbereitet, und zwar Zitate des Kirchenvaters Eusebius Hieronymus um 409 n. Chr. in Bethlehem, der spätantiken Geschichtsschreiber Olympiodor von Theben und Prosper Tiro von Aquitanien um 455 n. Chr. sowie die Bemerkungen von Hydatius und der Chronica Gallica zum „Burgundenuntergang“.
Auf diese Schriftquellen beruft sich insbesondere Helmut Castritius, der sie als Argumente für die Existenz eines „Wormser Burgunderreichs“ anführt (2006).
Die Gegenposition vertritt Mathilde Grünewald, die aufgrund des Fehlens archäologischer Funde und Befunde die Anwesenheit der in den Schriftquellen genannten Burgundionen im 5. Jahrhundert bestreitet.
Eine dritte Position markieren Ronald Knöchlein und Gerd Rupprecht (2005), die sich dahingehend äußern, dass Zeugnisse vorliegen, die eine burgundische Präsenz möglich erscheinen lassen.
„Absolute Wahrheit lässt sich nicht ermitteln“, stellte Patrick Jung fest, „doch könnten neben der Neubewertung des alt bekanten Materials auch einige Neufunde das Ringen um einen Erkenntnisgewinn weiter vorantreiben“.
Er untersuchte archäologische Zeugnisse und führte u.a. die neue Deutung des Kastells Alteium durch Peter Haupt (2006) an. Schon Jürgen Oldenstein machte 1994 die Römer als Träger des Kastells in einer ersten Bauphase von 369-405/6/7 aus, in der zweiten Phase bis Ende der 420er Jahre dann Germanen und neuerdings in der dritten Phase in den 430er Jahren nicht Römer, sondern wieder Germanen – vielleicht burgundische Verbände (?). Es wurden Gürtelschnallen und Fibeln von „donauländischem Charakter“ gefunden sowie Glasperlen, Keramik, Kämme, die eine Zuweisung an Ostgermanen erlaubten. Unter Kaiser Valentinian I. 364-375 wurden Burgunden als Foederati der Römer genannt. Ein Zeugnis ist der in Trier gefundene Hariulfus-Grabstein um 400 n. Chr., der Hariulfus als Sohn des Hanavald aus dem königlichen Geschlecht der Burgunden („regalis gentis Burgundionum“) bezeichnet. Weiterhin nannte Patrick Jung die Neubewertung der Grabfunde aus Wolfsheim/Kreis Bingen aus dem 5. Jahrhundert – sowie, ganz aktuell, die „Wiesbadener Fibeln“ (Böhme, 2012).
Eine Mainzer Truppenliste von 420/30 n. Chr., „dux Mogontiacensis“, könnte ein Hinweis auf kleinere burgundische Verbände im Raum zwischen Speyer und Mainz sein. In dieser Truppenliste wird auch ein „Praefectus militum secundae Flaviae, Vangiones“ genannt (vgl. Oldenstein).
Der Referent kam zu folgendem Ergebnis. Nach Abwägen der Aussagekraft unterschiedlicher Quellen auf der Suche nach den Burgundern ist es sinnvoll, nicht nach einem Volksstamm der Burgunder oder Burgunden zu suchen. Es gibt aber berechtigte Hinweise auf kleinere burgundische Verbände hier im 5. Jh., die vielleicht schon mit Römern oder anderen Germanen vermischt waren. Patrick Jung hat angeregt, nicht von einem Volk der Burgunder zu sprechen; man sollte die kleineren burgundischen Verbände vielmehr (lat.) Burgundionen nennen, und vielleicht hatten sie einen Präfekten oder auch einen „rex“, einen König?


Der Heimat- und Geschichtsverein Biebesheim e.V. veranstaltete am 02.03.2012 den gleichnamigen Vortrag